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Wilhelm Pelizaeus (1851-1930)

1851  Wilhelm Pelizaeus wird am 6.9. als 3.Kind von Dr.jur. Clemens Pelizaeus in Hildesheim geboren
1860-66 Wilhelm Pelizaeus besucht das Josephinum in Hildesheim bis zur Untersekunda, entscheidet sich früh für den Beruf des Kaufmanns
1866-69   kaufmännische Lehrjahre in Braunschweig im Geschäft eines Verwandten; er beginnt, intensiv Fremdsprachen zu erlernen (später wird er sich fließend englisch, französisch, arabisch, italienisch, griechisch verständigen können)
1869  reist am 23.4. nach Ägypten ab, um in die Firma eines Onkels in Alexandria           einzutreten; der Klimawechsel soll eine Stabilisierung seiner Gesundheit bewirken (was genau ihn lebenslang plagte, geht aus unserem Archiv nicht so recht hervor: “Nervosität” wird mehrfach erwähnt)
1873  kehrt für ein Jahr nach Hildesheim zurück, um ab 1.10. seinen Militärdienst abzuleisten
1874  im Oktober Rückkehr nach Ägypten; wechselt in eine andere Firma in Alexandria über (der Onkel hatte Konkurs gemacht), die sich mit Bankgeschäften und Getreide-Export befasste
1878 Wilhelm Pelizaeus übernimmt am 1.3. die Zweigstelle einer englischen Firma (Belieferung des arab. Marktes mit Kohle, Eisen, Textilien, Glas) in Kairo, arbeitet von jetzt an auf eigene Rechnung unter eigenem Namen
bis 1885  kann sein Geschäft mit Erfolg ausweiten; sein jetzt beginnendes und stetig wachsendes Interesse an Altägypten führt zu dauerhaften Freundschaften mit namhaften Gelehrten seiner Zeit (1885 trifft er Adolf Erman  zum ersten Mal), er beginnt Antiken zu sammeln (die 1885 gerade eben einen einzigen kleinen Schrank füllen)
1885/6   Briefwechsel mit Senator Roemer: Wilhelm Pelizaeus schenkt ihm für sein “Ägyptisches Zimmer” eine Mumie mit Kartonage und Sarg (PM 1905, Anch-hapi); er erwirbt auf Rechnung Roemers eine weitere Mumie in Kartonage mit zwei Särgen (PM 1902, Penju); hinzu kommen erste weitere Geschenke: koptische Textilien
seit 1886 Wilhelm Pelizaeus entwickelt enge Beziehungen zur deutschen Wirtschaft und Hochfinanz, mit deren Hilfe er sich um große Staatsaufträge in Ägypten bewirbt; er erhält den Zuschlag für den Bau der Eisenbahn-Linie Assiut-Girgeh in Zusammenarbeit mit Krupp; sein beruflicher und finanzieller Erfolg lässt ihn zu einem wichtigen Mitglied der deutschen Kolonie in Kairo aufsteigen, Kontakte zur Botschaft führen zu lebenslangen Freundschaften
seit 1889  fungiert als Vertreter von Krupp in Kairo, organisiert Kauf, Transport  und Verteilung des Materials für den Bahnbau; Episode im Zusammenhang mit Kitchener und der Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes im Sudan Kontakte zum Hildesheimer Museum nehmen zu, man korrespondiert über Ankäufe und Geschenke, die Wilhelm Pelizaeus bei seinen jetzt regelmäßigen Sommeraufenthalten in Europa mit nach Hildesheim bringt gleichzeitig wächst seine Privatsammlung in Kairo langsam an, wobei er sich gern und gut von Fachwissenschaftlern beraten lässt
seit 1892 Wilhelm Pelizaeus' durch seinen katholischen Glauben geprägtes soziales Verantwortungsgefühl lässt sich von jetzt an in Form finanzieller und ideeller Unterstützung vor allem der Unternehmungen des Ordens der Borromäerinnen nachweisen (Schule in Kairo; Altersheim in Alexandria), aber auch für die evangelische Schule in Kairo
1895  ermöglicht den Borromäerinnen, in Alexandria Grundstücke zu kaufen und ein konfessionell und sozial offenes Altersheim zu bauen (“Kaiser-Wilhelm-Greisenasyl”, später “Pelizaeus-Heim”); kümmert sich persönlich um den Fortgang der Arbeiten, lässt seine wirtschaftlichen Beziehungen spielen; bei der Eröffnung verzichtet er auf die Rückerstattung des größten Teils der Kredite
1895/6 Wilhelm Pelizaeus' wirtschaftliche Erfolge nehmen zu: die Konzession für Eisenbahnbau Qena-Assuan wird an ein Konsortium vergeben, dem Wilhelm Pelizaeus angehört; Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Krupp; weitere Staatsaufträge folgen, darunter der Ausbau des Eisenbahnnetzes im Delta, Elektrizitäts- und Wasserwerke; beteiligt sich an der Entwicklung landwirtschaftlicher Großprojekte, darunter Mustergut mit Zuckerfabrik bei Kom Ombo; er wird Mitdirektor der Ägyptischen Nationalbank, legt die Leitung seiner eigenen Firma nieder
1899  das Altenheim in Alexandria wird 22.1. eingeweiht
1903-06 wachsendes Interesse am alten Ägypten führt nach einer Begegnung mit Georg Steindorff in Berlin zur finanziellen Unterstützung von dessen Ausgrabungen in Giza auf dem Pyramidenfriedhof des Alten Reiches; durch offizielle Fundteilungen und glückliche Ankäufe in diesen Jahren (z.B. Horbeit-Stelen) vergrößert sich seine Sammlung schnell
1907  Wilhelm Pelizaeus entschließt sich, seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und schlägt seiner Vaterstadt Hildesheim eine Schenkung vor, die am 17.10. vom Magistrat angenommen wird; in Erfüllung der Bedingungen erwirbt die Stadt ein passendes Gebäude nahe dem Roemer-Museum und baut es um; die Kosten der Einrichtung übernimmt weitgehend Wilhelm Pelizaeus
1909 Transport der Sammlung von Kairo nach Hildesheim unter Aufsicht von Otto Rubensohn, dem ersten Direktor des Pelizaeus-Museum; rege Korrespondenz belegt, dass sich Wilhelm Pelizaeus persönlich um alles kümmerte und (wie im Schenkungsvertrag vorgesehen) großen Einfluss ausübte auf Gestaltung des Museums
1911 am 29.7. Eröffnung des Pelizaeus-Museum, das damals schon als eine der wichtigsten Sammlungen außerhalb Ägyptens bezeichnet wurde; Wilhelm Pelizaeus wird am 20.11. zum Ehrenbürger der Stadt Hildesheim ernannt
ab 1912    Wilhelm Pelizaeus übernimmt einen großen Teil der Finanzierung weiterer Grabungen in Giza, nachdem die Konzession an Hermann Junker und Akademie der Wissenschaften Wien abgetreten worden war; von Kairo aus organisiert er v.a. auch die technische Vorbereitung der Kampagnen; am 19.3.12 Fund der Statue des Hem-iunu, die durch Fundteilung und Losentscheid an WP fällt; Mai 1912 Ankunft des Hem-iunu in Hildesheim geschickte Ankäufe zwingen in Hildesheim mehrfach zu Änderungen in   der Gestaltung des Museums
1914  bei Kriegsausbruch befindet sich Wilhelm Pelizaeus in Europa; in Kairo wird er zur unerwünschten Person erklärt, sein Eigentum einschließlich persönlichem Besitz wird konfisziert und noch im selben Jahr versteigert
ab 1914 Wilhelm Pelizaeus lebt von jetzt an in Hildesheim, führt ein zurückgezogenes und anspruchsloses Leben; seine ihm verbliebenen Mittel stellt er weiterhin in den Dienst des Museums und karitativer Ziele, die ihm besonders am Herzen liegen (Bernwardshof in Himmelsthür); während des Krieges intensive Mitarbeit im Museum (vertritt Roeder in dessen Abwesenheit, betreut Gruppen und Einzelbesucher)
1921 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Göttingen aufgrund seiner Verdienste um die Ägyptologie
1925 setzt sich erfolgreich dafür ein, dass die Grabungen Junkers in Giza fortgesetzt werden können (stellt eigene Mittel zur Verfügung, Stadt Hildesheim beteiligt sich ebenfalls); ägyptische Altertümerverwaltung löst altes Versprechen ein, Kultkammer des Uhemka (aus Grabung Steindorff) an Hildesheim zu geben
1925-29  Grabungen Junkers in Giza, Überweisung zahlreicher Objekte aus offizieller Fundteilung (u.a. die drei Granit-Sarkophage); nach Regelung der internationalen Reparationsforderungen an das Deutsche Reich wird auch WP zu einem kleinen Teil entschädigt; er stellt daraufhin 1929 Geld zum Ausbau des Museums zur Verfügung
1930  14.10. stirbt WP in Hildesheim nach kurzer Krankheit
1931 das Pelizaeus-Museum wird nach Umbau und Erweiterung neu eröffnet